Familienberatung Christiane Yavuz Mannheim

All you need is Konfliktliebe

Manifest eines Conflict-Lovers

Lesezeit: ca. 7 Minuten

Konflikte nerven. Sie kosten Energie, und oft wollen wir sie einfach nur vermeiden. Doch was wäre, wenn Konflikte – und unser Umgang damit – der entscheidende Knackpunkt für ein emotional gesundes Leben und eine menschlichere Gesellschaft sind? Willkommen in meiner Welt der Konfliktliebe. In diesem Beitrag erfährst du, wie Konfliktliebe konkret aussieht, wie du selbst davon profitieren kannst und warum sie vielleicht sogar das Potenzial hat, die Welt zu verändern.

 

„Kannst du bitte aufhören, mit meiner Nase Raumschiff zu spielen?!“ 

„Der Pom-Pom muss nur noch zum Frisör.“

„Vielleicht spielen irgendwo da draußen Aliens Lasertag.“

 

Es ist 9:20 Uhr und all diese Sätze sind heute schon bei uns gefallen. Ein gewöhnlicher Samstag Morgen einer gewöhnlichen Mannheimer Familie, aber irgendwie fühlt sich doch heute alles ungewöhnlich an. Es ist der Tag nach dem Tag, an dem Friedrich Merz mit seiner 5-Punkte-Plan-Ankündigung die Brandmauer zum Rechtsextremismus ins Wanken gebracht hat. Ungewissheit, Sorge und Fassungslosigkeit liegen in der Luft und füllen Social Media Feeds.

Zwischen das Durcheinander des gewöhnlichen Familiensamstags mischt sich bei mir an diesem Morgen immer wieder ein anderer Satz. Ein gesungenes Mantra, das mir in letzter Zeit immer wieder im Kopf und Herzen widerhallt. (So wirken Musik-Mantras. Wenn du sie irgendwann in dir verankerst, bleiben sie dir treu und melden sich – ganz von selbst – genau dann, wenn du sie und ihre Kraft brauchst.)

 

Und so singe ich an diesem Morgen immer wieder vor mich hin:

 

Now that I know what I know – to what will I dedicate my life?

 

Jetzt wo ich weiß, was ich weiß – welchem Zweck will ich mein Leben widmen?

 

„…what I know“ singt mein Sohn mir zwischendurch nach, ohne es wirklich zu merken… und fragt irgendwann: Was heißt das, was du da singst? Ich übersetze es meinen Kids und beim späten Frühstück sprechen wir darüber, wofür Menschen so brennen, wofür sie sich in ihrem Leben einsetzen….fürs Klima…gegen Kriege…für Kinderrechte…Bildungsgerechtigkeit…gegen Massentierhaltung…usw.

 

In mir rattert es. Now that I know what I know – to what will I dedicate my life? Als mir dieses Mantra* vor Jahren zum ersten Mal begegnete, resonierte es tief in mir und half mir Stück für Stück zu finden und zu entwickeln, wofür ich mich in und mit meinem Leben einsetzen will. Was meine Vision eigentlich ist. Wofür ich mit meiner Selbstständigkeit brenne.

 

Mittlerweile ist meine Mission klar:

 

Ich will Konfliktliebe in die Welt bringen. Ich will mit meinem Wirken als Familienberaterin, Mediatorin und Coach, Familien, pädagogische Fachkräfte, Eltern, erwachsene Töchter, kurz: ‚Konflikt-geplagte Menschen‘ dabei begleiten und unterstützen, sich in ihrer Konflikt-Haltung weiterzuentwickeln.

 

Warum? Weil ich als Ex-Harmoniesüchtige, als recovering People Pleaser und früher „Bloß-niemandem-zur-Last-fallen-Wollende“ selbst vollzogen habe, dass Konfliktliebe zu praktizieren der größte Gamechanger meines Lebens ist.

 

In meinem Buch „Tochter sein auf Augenhöhe“ schreibe ich dazu: „Konfliktliebe ist ein freundlicher Reminder, dass Konflikte zum Leben gehören wie das Wetter oder Emotionen. Sie ist eine Haltung, für die ich mich bewusst entscheiden kann, um dem Leben annehmend zu begegnen und sie hilft, Herausforderungen aktiv und selbstbestimmt zu gestalten.“

 

Was heißt das konkret?

 

Konfliktliebe ist kein Kuschelkonzept. Es geht nicht darum, alles gut zu finden, was Stress erzeugt und wie ein Konflikt-Hippie durch die Welt zu träumen. Es geht darum, Konflikte als realistischen und – ja – notwendigen Bestandteil unseres Lebens zu akzeptieren. Es geht darum, sie so zu gestalten, dass sie uns nützen statt schaden. Es bedeutet, Konflikte nicht mehr als Problem oder Störung zu betrachten, sondern als Einladung: Sie fordern uns heraus, klar zu kommunizieren, Bedürfnisse zu erkennen und über uns hinauszuwachsen. Kurz:

 

Konflikte sind nicht das Problem – unsere Haltung dazu ist es oft.

 

Und das ist der Kern von Konfliktliebe:

 

Sie in sich zu verankern, sie alltäglich zu praktizieren lenkt deinen Fokus in jeder Konfliktsituation – ob klein oder groß – zunächst mal auf die Frage: Was brauche ich gerade, um in eine konstruktive Konflikthaltung zu kommen?

 

I challenge you:

 

Denk mal kurz an eine konkrete Situation, einen Konflikt mit deinem Kind, deiner Partnerperson, deinen Eltern, bei der Arbeit – wo und was auch immer. Und jetzt stell dich hin und spür mal, wie sich deine Haltung OHNE Konfliktliebe anfühlt: „Mäh. Wie nervig. Ein Konflikt. Uääh – da hab ich gar kein Bock drauf. Kann es nicht einfach einfach sein? Geh weg, Konflikt! Oh Menno, die wollen mich doch eh alle nur nerven…“ You get the idea.

 

Und jetzt mach mal einen Schritt zur Seite, nimm eine starke, klare Körperhaltung ein, atme tief durch und sag dir: „Oh ha – ein Konflikt! Jetzt schaun wir doch mal, wofür der vielleicht gut sein kann. Was ich daraus mitnehmen kann. Wie ich ihn konstruktiv angehen kann!“

 

Was glaubst du? Wonach wirst du dich besser fühlen? Aus welcher Haltung heraus wird die Situation wohl emotional gesünder zu bewältigen sein?

 

Natürlich heißt „Konfliktliebe praktizieren“ nicht, in jeder Situation gelassen und Zen-mäßig durchs Leben zu schweben. Aber Konfliktliebe gibt dir eine Richtung vor. An ihr kannst du dich orientieren, wenn’s knifflig ist. „Was würde ich jetzt mit Konfliktliebe tun?“ ist eine enorm starke Frage, wenn du das nächste Mal vor einer Herausforderung stehst.

 

Drei gute Gründe, Konflikte zu lieben:

 

  1. Konflikte zeigen, was wirklich wichtig ist: Jeder Streit macht sichtbar, welche Werte und Bedürfnisse aufeinanderprallen.
  2. Konflikte klären Beziehungen: Sie schaffen Klarheit darüber, was wir voneinander erwarten – und wo wir Grenzen setzen müssen.
  3. Konflikte sind Entwicklungstreiber: Jedes Mal, wenn wir einen Konflikt konstruktiv lösen, lernen wir mehr über uns selbst und andere. Das macht uns souveräner.

 

Was wäre, wenn die Welt Konfliktliebe leben würde?

 

Manchmal bin ich wohl doch eher Typ ‚Konflikt-Hippie‘ und frage mich, wie die Welt aussehen würde, wenn Konfliktliebe nicht nur ein persönliches Konzept wäre, sondern eine gesellschaftliche Haltung. Was würde sich verändern?

 

Und dann träume ich von…

 

  • Weniger Polarisierung: In einer Gesellschaft, die Konflikte als Einladung zur Klärung sieht, gäbe es weniger Lagerdenken und mehr Dialog. Unterschiedliche Meinungen würden nicht als Bedrohung empfunden, sondern als Chance, voneinander zu lernen. #Ambiguitätstoleranz
     
  • Mehr Verständnis statt Schuldzuweisungen: Politische Diskussionen könnten konstruktiver verlaufen, wenn der Fokus auf den zugrunde liegenden Bedürfnissen liegt – ob Sicherheit, Gerechtigkeit oder Zugehörigkeit. Anstatt gegeneinander zu arbeiten, könnten Lösungen gefunden werden, die für viele tragbar sind. #Bedürfnisbrille
     
  • Starke Gemeinschaften: Konflikte würden nicht länger Familien, Freundschaften oder Teams zerreißen, sondern sie stärken. Wo wir Konflikten liebevoll und ehrlich begegnen, entstehen tiefere Verbindungen und mehr Vertrauen. #Miteinander
     
  • Globale Kooperation: Auf internationaler Ebene könnten Konflikte nicht nur militärisch oder wirtschaftlich betrachtet werden. Wenn Staaten Konfliktliebe als Haltung übernehmen würden, könnten Verhandlungen auf Basis gegenseitiger Anerkennung und echter Lösungen stattfinden – ein Schritt in Richtung nachhaltigen Frieden. #Mediation
     
  • Eine Kultur des Miteinanders: Stell dir vor, Kinder würden von klein auf lernen, Konflikten konstruktiv zu begegnen. Erwachsene könnten sich von alten Mustern lösen und Beziehungen auf Augenhöhe gestalten. Konfliktliebe könnte zur Grundlage einer Gesellschaft werden, die Unterschiede nicht fürchtet, sondern feiert. #Streitenlernen

 

Ich finde: Konfliktliebe ist mehr als nur ein persönliches Werkzeug – sie hat das Potenzial, die Welt zu verändern. Und diesem Zweck will ich mein Leben widmen.

 

Now that I know what I know – to what will I dedicate my life?

 

Make KONFLIKTLIEBE – not war!

 

Ich wünsche dir, dass du auch etwas findest, dass so tief in dir resoniert, dass es dir Orientierung für dein Leben geben kann.

 

Am 23.02.2025 ist Bundestagswahl. Jetzt ist die Zeit, Haltung zu zeigen. Sprecht mit den Menschen in eurem Umfeld, sprecht mit euren Kindern, und vor allem sprecht mit den Großeltern. Teilt ihnen eure Sorgen und Ängste mit. Scheut die Diskurse nicht, gerade in der Familie. Nutzt eure Stimme für die Menschlichkeit.

 

Voller Konfliktliebe,

Christiane

 

Willst du lernen, wie du Konflikte konstruktiv und mit Klarheit meisterst ? Komm in mein Onlinetraining „Konflikte & Cocktails“  - Start: 5. März - mit praktischen Übungen, leckeren Gedanken-Cocktails und stärkendendem Austausch in vertrauensvoller Kleingruppe. Schreib mir gern, wenn du Fragen hast. Ich freu mich auf dich!

 

*Das Mantra "Now that I know" ist von Alexandra Blakely und findet sich in der Songsammlung „Boots on the Ground – Skin on the Line“ von Lisa G. Littlebird. Hier kannst du es hören: Now that I know