Familienberatung Christiane Yavuz Mannheim

Eine von Herzen kommende CD-Rezension

Kinderkram? Wie Musik dein Familienleben stärkt

Lesezeit: ca. 8 Minuten

Es folgt ein ausführlicher Track-für-Track-Erfahrungsbericht eines Musikalbums, das mein (Familien)Leben nachhaltig verändert hat.

Liebe Eltern, liebe Familien: spart euch Ratgeber, spart euch kostenreiche Gänge zu Familienberatern und Coaches (wie mir ;-)) – HÖRT MEHR MUSIK! Hört aufmerksam(er) hin! FÜHLT jede Note, jedes Wort und jede Stimmung, die die Musik in euch auslöst! Dieses Album hält alle Antworten auf Fragen des Familienlebens parat. Es ist so viel mehr als einfach nur KINDERKRAM!

Ich will mit dieser etwas anderen Musik-Rezension ein Plädoyer für MEHR BEWUSSTES MUSIK GENIESSEN in die (Familien)Welt schicken und Eltern die ganz praktischen Vorteile von berührender Musik und cleveren Texten anhand dieses Albums veranschaulichen.

Außerdem will ich der grandiosen Band MAYBEBOP (also FAST wie ne Band, nur ohne Instrumente) etwas zurückgeben – in Form dieser ausführlichen und von tiefstem Herzen kommenden Würdigung eines Albums, das mich und meine Familie nun schon seit ein paar Jahren begleitet, aufgefangen, unterhalten, amüsiert, gebildet und im Herzen erreicht hat.

Los geht‘s – Stück für Stück:

01 – TANZ ALLES WAS DU HAST

Natürlich beginnt das Album mit einem Dance-Kracher. Ein absolutes Feel-good-Lied, das direkt eine der wirkungsvollsten Methoden gegen (Familien)Stress an die Hand gibt: Ausgelassene Spass-volle BEWEGUNG. Jedes Körperteil ist dabei bedacht – lehrbuchartig Achtsamkeitsfördernd tanzt man von oben bis unten einmal alles durch. Kann gar nicht anders als (ja – auch im Auto fahrend oder beim Zähneputzen) anzufangen wild mit den Armen zu wedeln, seine Nase zu verbiegen oder mit dem Po zu wackeln.

02 – WIR SIND MAYBEBOP

Ich will es gleich zugeben: *Einsatz der Geigen* Es war bei diesem Stück *schmachtvoller gedankenverlorener Blick*, bei dem die Saat meiner Liebe zu Maybebop  – also jedem Einzelnen der 4 – gesät wurde und von nun an mit jeder Note weiter wuchs. Das Vorstellungslied des Kinderalbums ist ein wunderbarer Kniff für mehrere Dinge: Wie im Lied gewünscht lernen wir die Stimmen jedes Einzelnen kennen (und lieben). Kinder bekommen gleich auch noch anschaulich, pardon: anhörlich vor Ohren geführt, wie die klassische Stimmverteilung eines Chors so ist – von hoch bis tief. Ich kann nicht mehr zählen wie oft meine Kids und ich uns über Christophs eindrückliches „die tiefste Männerstimme nennt man BAAAAASSSS“ durchs Auto haben dröhnen lassen (Ich empfehle das Album UNBEDINGT im Auto zu hören. Oft! Laut!!). Als ich damals das Lied die ersten Male hörte, kannte ich die Band noch kaum – aber ich spürte schon genau die Liebe zu ihrem Job („Wir sind Sänger von Beruf“) in jeder Pore. Außerdem: ein genialer Move, die Kids dazu einzuladen, ab jetzt bei jedem Stück mitzuraten – wer welches singt! Ein superwirkungsvoller Schritt zur Hörerbindung!!

03 – BAGGER

„Mamaaaaa – ich will Bagger höan!!“ auch nach Jahren kommt dieser Aufruf regelmäßig im Auto. Und: „Machen die das wirklich alles NUR mit ihren Stimmen?“ Meine Jungs (und ich!) waren deeply impressed. Diese liebevolle Hommage an echte Männer vom Bau, die halt doch n weichen Kern haben, die Faszination für die Greif-Limousine, die Begeisterung für Baggersee und Baustellen, verbunden mit geschmeidigen Drehbewegungen, fast als würden die Bagger tanzen können… Wer Kinder hat weiß, welche Faszination Baustellen ausüben – nie wurde diese Faszination passender gewürdigt.

04 – GUT FÜR DIE HYÄNE

LEUTE! WIE CLEVER KANN EIN KINDERLIED BITTE SEIN??? Ich liebe ja alles was mit Wortspielen und sprachlichen Verzwickungen zu tun hat. Daher ziehe ich meinen Hut aufs heftigste, auch beim dreitausendvierhundertsiebenundachtzigsten Hören! Kurz zusammengefasst: Im Hyänen-Rudel empören sich alle über dieses eine kleine Hyänenmädchen, das so anders als die anderen ist. Denn: es legt Wert auf – Achtung: HYGIENE! Wäscht sich vorm Essen Gesicht und Pfoten – was bei Hyänen – weiß man doch – eigentlich als VERBOTEN gilt! Und dann putzt sie sich auch noch zweimal täglich Zähne?? Nicht gut für die Hyäne!! Mal ganz abgesehen davon, dass das Lied einfach unheimlich clever, witzig und cool ist erfüllt es – aus meiner Familienberatungs-Sicht – gleich noch zwei weitere mega-wesentliche Aufgaben: Einmal bekannt, lässt es sich im Familienleben für unzählige Hygiene-Diskussions-Momente nutzen, um humor- und liebevoll das Thema mit den Kids anzugehen. Zähneputzen (ein Klassiker-Drama-Thema – wer kennt’s nicht…) wird zum Spaß, Hände waschen zum hyänischen Akt der Rebellion in einem Rudel unhygienischer, altmodischer Hyänen. Ich sehe mich jetzt schon durch unser Haus rufen „Es riecht nach FUSS wie bei den GNUS!“ wenn in baldiger Zukunft 2 pubertierende, Körpergerüche ausdünstende Teenager bei uns wohnen werden *puh…schnüffel…*

ZWEITENS lässt sich die Story des Lieds – für Reflexions-Nerds wie mich – auch gesellschaftlich so schön interpretieren, ich glaube es böte Stoff für eine mehrere Seiten lange Analyse, gelingt doch dem kleinen Hyänenmädchen, das sich der vermeintlich Hyänen-ur-eigenen Hygiene-Ablehnung vehement entgegenstellt, einfach ihr Ding macht (weil sie halt nicht stinken will! Kann man’s ihr verdenken??) und damit – man ahnt es – sogar am Ende den ganzen Hyänen-Clan anführt! Das nenn ich Girls-Power und female leadership!!

05 – ALLES MACHT BÄM

Wer kennt noch die alten, 60er Jahre Batmanfolgen? Was kommt euch zuerst in den (Hör)Sinn? GENAU! Comic-Sounds! BÄÄÄM! KAPOW! FLAP! WROOOM!!! Track Nr. 5 ist ein Lied-gewordenes Comic, das (nicht nur) Kids so mega viel Spaß macht, Neugier für Soundsprache weckt und bis ins kleinste Detail textlich und klanglich ausgetüftelt ist (ich LIEBE zB wie der Stereo-Sound im Auto zur Geltung kommt und das Schluckgeräusch vor „ich lass die Muskeln spielen“ erst von links, dann von rechts kommt).

06 – BUNDESKANZLER*IN

Jetzt wird’s politisch – ja – auf einer Kinder-CD – und das ist gut so! Mit leicht verständlicher Sprache (ganz Politik-untypisch also) wird hier auf den Punkt gebracht, was die großen Themen und Probleme unserer aktuellen Zeit sind. Das Lied regt an, sich spielerisch kritische Gedanken zu machen und mit den Kids drüber zu sprechen. Gerade heute morgen zB kurzer Dialog mit meinem Sohn (mittlerweile 7) auf dem Schulweg: Wir hatten grad die Müllabfuhr beobachtet und ich meinte: „Puh – das ist echt ein harter Job.“ Er: „Die verdienen aber bestimmt auch viel Geld!“ Ich: „Leider nein, leider verdienen gerade die, die die härtesten und wichtigsten Jobs machen…Müllabfuhr, kranke Leute pflegen, alte Leute pflegen, Kita-Erzieher…gar nicht so viel.“ Er: „Wenn ich mal Politiker bin, sorg ich dafür, dass die Jobs, die am wichtigsten für alle sind, auch am meisten verdienen.“ Nun haben wir das Lied aktuell schon ne Weile nicht gehört, aber ich bin überzeugt: bei uns hat dieses Lied einen ganz wesentlichen Grundstein gelegt, um mit den Kids in die Welt der Politik und des gesellschaftlichen Reflektierens einzutauchen.

07 – STRESS IM URWALD

Als professionelle Konfliktliebhaberin mag ich dieses Lied besonders – denn es geht um eine ganz zentrale Fähigkeit: Streit-Regulations-Kompetenzen. Es ist eins der Lieder und Stories, die man immer wieder hören kann und bei denen einem immer wieder etwas Neues auffällt, und das seine volle Wirkung umso mehr entfaltet, je mehr man der Geschichte wirklich folgt. Eignet sich meiner Meinung nach PRIMA, um mit Kids ins Gespräch zu kommen über Konflikte und wie wir damit umgehen, dass wir alle immer mal unterschiedliche Bedürfnisse haben. Mit den Tierbildern lassen sich so schön die unterschiedlichen Konflikttypen darstellen – hach, mein Mediatorinnen-Herz schlägt deutlich höher bei diesem Lied!

Bemerkenswertes Detail: ich liebe die Zeile vor allem lautmalerisch, wie der verschlafene Orang Utan ganz unten im Bass anfängt und sich hochschraubt bis zum „krähen“.

08 – GLAUB‘ AN DICH

Oh je, jetzt muss ich aufpassen. Das Lied ist bei mir krass verknüpft und einfach mega emotional. Es hat mich schon so oft zu Tränen gerührt, vor allem immer dann, wenn ich es am meisten gebraucht hab. Mein (jüngerer) Sohn, der schon immer sehr empfänglich für rührende Musik war, will bzw. kann das Lied (genau wie viele andere berührende) oft nicht hören, und ich weiß und spüre, warum: Wer (wie ich, und mein Sohn auch) eine krass sensible Antenne für emotionale Musik hat, bei dem können bestimmte Stücke so viel auslösen, dass es Momente gibt, in denen man das gerade nicht „gebrauchen“ kann. Ich will hier einfach den Refrain sprechen lassen, denn DAS ist es doch, was wir unseren Kids mitgeben wollen, oder?? SO klingt #Resilienz.

Glaub an dich,

wenn das Leben mal gemein ist.

Glaub an dich,

wenn du traurig und allein bist.

Sogar die schlimmsten Dinge fügen sich,

darum gib nicht auf und glaub an dich.

09 – ROBOTER

Wir ALLE kennen das, worum es in diesem Song geht: Das schon im Mutterbauch beginnende fremdgesteuerte Leben, in dem wir uns eben oft bewegen. („Schon als ich ein Baby war, hab ich für den Schulalltag vortrainiert.“) Für mich ist das Lied eine einprägsame Erinnerung daran, regelmäßig im Alltag zu überprüfen, ob ich den Druck, den Gesellschaft, Normen, eigene Ansprüche, äußere Erwartungen usw. ausüben ungefiltert übernehme? An meine Kids weitergebe? Uns mehr Freizeit-Stress zumute, als uns gut tut? Zu hinterfragen, WARUM mir, uns etwas wichtig – oder eben nicht wichtig ist? SELBSTREDEND macht das Lied auch einfach Spaß und man MUSS das Beep Beep Beep einfach mitsingen.

10 – WACKELZAHN

Wieder so ein Lied, das eins der großen Kinderthemen begleitet. Für uns wurde es echt zum Soundtrack der beginnenden Wackelzahnzeiten, fast schon schwelge ich nostalgisch in Erinnerungen, denke verzückt an den Moment zurück, wo mein noch unbedarftes Kind fragte: „Mamaaaa, was is ne Nörf-Gan?“ (Heute dagegen ballert er ganze Tage durch die Bude…waren das noch Zeiten…*seufz*) Mein einer Sohn wollte jeden Tag das Lied hören, als sein Frontzahn wirklich seeeeehr lange wackelte und fühlte sich mit dem Lied einfach so richtig verstanden.

NICHTS ift fo wunderfön, wie ein Lächeln ohne Schneidezähne!

11 – ICH WÜNSCH MIR GANZ SCHÖN VIEL

Eine einfache geniale kinderfreundliche Idee, clever sympathisch umgesetzt: „Meine Wunschliste, die ist so lang, dass ich sie mir kaum merken kann!“ Es macht so viel Spaß bei diesem Lied, immer textsicherer zu werden. Sich immer eine Sache mehr zu merken. Mitzusingen im Auto…wie oft hat uns dieses Lied begleitet, hat uns den Alltagsstress vergessen lassen, uns (mit)lachen lassen. Das Lied ist der Grund, weshalb sich mein Sohn eine Schreibfeder zum Geburtstag gewünscht (und bekommen) hat, und wer nicht weiß, was das ist: „Eine Schreibfeder ist eine Feder, mit der man schreiben kann!“

12 – PUPPENMAMA

Aaaaah was soll ich dazu sagen: Also wer seinen Kids Lust auf Beatboxen machen will? Here you go. Dass Maybebop sowieso krasse Wortkünstler sind, beweisen sie ja bei jedem Album, bei jedem Konzert. Aber dass sie (also hier Lukas) die Worte Puppenmama, dufte Tischdecke, Nackedei, Babybiberbettwäsche und ein krönendes ‚Ich kack‘ in den Busch‘ in einem so Spaß bereitenden Song unterbringen – einfach GENIAL!!

13 – FLIEGER

Mit diesem vorletzten Lied gelingt (ob das so gewollt war oder nicht) etwas Wunderschönes, ich versuch‘s mal in Worte zu fassen: Wie erwähnt: ich bin Reflexions-Nerd. Ich interpretiere gern, übertrage entdeckte Zusammenhänge von einem Kontext auf den anderen und versuche anhand dessen hilfreiche Ableitungen für mein Leben vorzunehmen. Wenn man das Album mal bis hierher durchgehört hat, findet man in diesem Lied einen wunderbar klangvoll umgesetzten Moment, die Vogelperspektive einzunehmen. Einmal rauszutreten. Nochmal Revue passieren zu lassen, was man da bisher eigentlich alles gehört hat, welche Abenteuer man erlebt hat, welche Charaktere kennengelernt. Alle tauchen nochmal auf, friedlich, zusammen, jeder wird gesehen, von oben ein Ruhe bringender, behaglicher Anblick. „Der Tag geht bald zu Ende. Es ist einiges geschehen und Abenteuer gab es heut zuhauf. Ich werd nur hier und da noch kurz mal nach dem Rechten sehen und setz dafür die Pilotenbrille auf.“ Die Pilotenbrille aufsetzen ist ein wundervolles Instrument – könnte glatt aus dem Coaching kommen ;-) – und es ist unheimlich wertvoll, schon Kinder mit solchen Instrumenten auszustatten. Ob es ein Rückblick abends im Bett auf den zurückliegenden Tag ist, am Wochenende auf die zurückliegende Woche, einfach mal zwischendurch… Einfach abheben und fliegen!

14 – SCHÄFCHEN ZÄHLEN

Dieses abschließende Schlaflied hat eine so wunderschöne Melodie, dass es mir – ich erfinde das nicht! – gerade in diesem Moment, beim einfach nur drüber schreiben – ergriffene Tränen in die Augen kommen lässt. „Wenn ein Schäfchen nicht schlafen kann…dann zählt es seine Herde…Es fängt gleich zu zählen an…damit es müde werde.“ Was so simpel und Kinder-Lullaby-artig klingt, ist in diesem Fall ein absoluter Eltern-Pacifier (das ist das englische Wort für Schnuller, aber ich finde es einfach auf englisch schöner und passender, weil das be-friedende noch mehr drin steckt.) Wir alle kennen doch diese Momente, in denen man die Kinder, die Familie, sich selbst an die Wand klatschen könnte, in denen man gestresst ist, ausrastet, die Welt (and everything in it) verflucht. Dieses Lied hat die Kraft, mich (dich auch?) zu be-frieden. Und das auf diese unaufdringliche, unaufgeregte Art, mit der traumhaften Idee, jedes Familienmitglied nochmal zu sehen, zu bedenken. E I N F A C H   S C H Ö N!! Wohltuend. Und was ich jetzt abschließend so RICHTIG krass finde: gerade lese ich unter dem Liedtext auf der Maybebop-Seite Lukas Kommentar dazu, dass er auch beim Kommentar-Schreiben schon feuchte Augen bekommt. Und das lese ich NACHDEM ich im Absatz vorher geschrieben habe, dass ich schon beim drüber schreiben Tränen in die Augen bekomme. #Kannstedirnichtausdenken ;-)

Und jetzt fühl ich mich NOCH verbundener mit dieser Band, mit diesen Musikern. Deren Musik ich so tief in Herz und Seele spüren kann, wie es kaum etwas auf der Welt schafft mich zu erreichen. Das mag jetzt echt krass klingen (schon so bissl Seelenstriptease grad…) aber das fühle ich – bei der Musik von Maybebop.

DANKE dafür!

Und an alle Familien und verrückten Reflexions-Nerds, die tatsächlich bis hierher gelesen haben:

Erlaubt euch MUSIK zu spüren. Und nutzt die Kraft und Energie, die ihr daraus schöpft für eure Familie. Es gibt – glaube ich – keine wirkungsvollere Familienkraft.