Familienberatung Christiane Yavuz Mannheim

„Bloß nicht krank sein!“

Wie mütterliche Muster uns prägen — und wie Tochterschaft uns da raushilft

Lesezeit: ca. 4 Minuten

Es fiel mir immer unglaublich schwer, mich krank zu melden.

Auch wenn ich im Kopf wusste, dass das Quatsch war: Innerlich verlieh ich mir selbst Orden dafür nur 2 Krankheitstage im ganzen Jahr gehabt zu haben. Die inneren Stimmen waren zu laut:

„Sei funktionsfähig und einsatzbereit! Erfüll deine Pflichten zuverlässig! ich muss erledigen, was ich versprochen habe! Muss stark und zäh sein! Auch mal „was aushalten“ können! Darf mich bloß nicht hängen lassen (dann wird’s nur schlimmer)! Muss zeigen, dass es geht, wenn man nur will…“

Eng damit verknüpft ist auch mein Umgang mit Menstruationsbeschwerden — kennst du das?

"Das gehört nun mal dazu, die halbe Menschheit muss da durch. Man gewöhnt sich an alles. Wenn ich das regelmäßig aushalte, ist Kinderkriegen halb so schlimm. Wenn ich es ohne Schmerzmittel schaffe, bin ich tough und kann stolz auf mich sein. Die Schmerzen härten mich ab gegenüber allen anderen Herausforderungen."

Solche Gedanken begleiteten mich, seit ich menstruiere. Ich bin fast 45. Wir sprechen also von Jahrzehnten. Jeden Monat.

Glaubenssätze reflektieren, die in der Kindheit geprägt wurden

Seitdem ich anfing, diesen inneren Stimmen, die da so lauthals debattieren, genauer zuzuhören, merkte ich: Viele von ihnen klingen verdächtig stark nach den Sätzen, die meine Mutter früher oft benutzte. Und wenn ich mich daran erinnere, wie sie (mein erstes weibliches Vorbild…) selbst mit ihren Menstruationsbeschwerden und Krankentagen umging, wird klar:

Es gehörte zu unserer Familienphilosophie, nie krank sein zu dürfen und Schmerzen sang- und klanglos zu ertragen. Ein Narrativ, das natürlich auch ordentlich patriarchal aufgeladen ist. Meine Mutter diente somit eher als dessen Sprachrohr.

Die Auswirkungen patriarchaler Strukturen

Das Erbe, das uns da vermittelt wurde, ist also nicht nur ein familiäres, sondern ein gesellschaftliches Problem. In einer männlich dominierten Leistungsgesellschaft, in der Mann eben nicht menstruiert, war die Haltung meiner Mutter ein Spiegelbild der breiteren kulturellen Erwartungen. Frauen wird oft signalisiert, dass sie hart sein müssen, um sich in einer solchen Gesellschaft zu behaupten. Schmerz und Unwohlsein werden als Schwäche angesehen, Augen zu und durch.

Wandel durch bewusste Reflexion

Doch was passiert, wenn man beginnt, diese alten Glaubenssätze zu hinterfragen und zu reflektieren? Seitdem ich das Tochtersein innerlich „aufgeräumt“ habe, hat sich Wesentliches verändert. Indem ich meine Tochterschaft eigenverantwortlich gestalte, habe ich mehrere Fliegen mit einer Klappe erwischt:

 

· Gesunder Umgang mit Glaubenssätzen: Ich habe gelernt, wie ich gesund mit meinen Glaubenssätzen umgehen kann. Ich behalte, was mir gut tut, und verändere, was mir nicht gut tut.

· Konfliktsouveränität: Die regelmäßige, belastende Konfliktdynamik zwischen mir und meiner Mutter habe ich intensiv beleuchtet. Heute fühl ich mich ziemlich konfliktsouverän – ein gutes Gefühl!

· Grenzen spüren: Ich übe mich darin, meine eigenen Grenzen (wieder) zu spüren. Erkenne schneller, was ich akzeptieren kann und will – und was nicht.

· Reflexion gesellschaftlicher Strukturen: Ich hab die Zusammenhänge zwischen dem privaten Erleben und den gesellschaftlichen, patriarchalen Strukturen reflektiert und verstehe sie zunehmend.

 

Gamechanger für das eigene Leben: Tochterschaft gestalten

Die bewusste Auseinandersetzung mit der eigenen Tochterschaft kann also ein echter Gamechanger sein. Damit lernst du nicht nur, persönliche Glaubenssätze zu hinterfragen und zu transformieren, sondern auch, souveräner mit Konflikten umzugehen, deine Grenzen gesund zu leben und dir die Auswirkungen durch größere Zusammenhänge bewusst zu machen.

Die Reise der Selbstreflexion und Veränderung lohnt sich — für alle Lebenslagen.

 

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